Mittwoch, 30. September 2015

Hitparade 2015 - Vol. 3



Das vielerorts (zumeist künstlich) heraufbeschworene Sommerloch bringt eine ganze Reihe an Veränderungen in des Bänkelsängers' Hitparade; nicht nur auf den hinteren Plätzen, es hat sogar zu einer neuen Nummer Eins gereicht:

01  Destroyer – Poison Season
02  Daniel Knox – Daniel Knox
03  Julia Holter – Have You In My Wilderness
04  Roomful Of Teeth – Render
05  Circuit Des Yeux – In Plain Speech
06  The Decemberists – What A Terrible World , What A Beautiful World
07  Sarah Kirkland Snider – Unremembered
08  Father John Misty – I Love You, Honeybear
09  Susanne Sundfør – Ten Love Songs
10  Chelsea Wolfe – Abyss
11  Algiers – Algiers
12  Tocotronic – Tocotronic (das rote Album)
13  The Mountain Goats – Beat The Champ
14  Ryley Walker – Primrose Green
15  Matthew E. White – Fresh Blood
16  Marlon Williams – Marlon Williams
17  Binoculers – Adapted To Both Shade And Sun
18  Sufjan Stevens – Carrie & Lowell
19  Jessica Pratt – On Your Own Love Again
20  Trembling Bells – The Sovereign Self
21  Brandon Flowers – The Desired Effect
22  Myrkur – M
23  Scott Matthew – This Here Defeat
24  Dagobert – Dagobert
25  My Morning Jacket – The Waterfall
26  Samantha Crain – Under Branch & Thorn & Tree
27  Noah Gundersen – Carry The Ghost
28  Natalie Prass – Natalie Prass
29  Nadja Stoller - Earthbound
30  Richard Thompson – Still

Die Songs des Quartals finden sich wie immer in großer Zahl bereits auf den Alben des bisherigen Jahres, doch sollen auch diejenigen nicht unerwähnt bleiben, die es noch nicht in die Hitparade geschafft haben, sei es nun mangels eines geeigneten Longplayers oder einfach nur deshalb, weil das zugehörige Album noch nicht veröffentlicht wurde oder weil außer dem erwähnten Hit der Rest des zugehörigen Werkes von gar nicht ganz so erlesener Güte ist:

John Grant (feat. Tracey Thorn - Disappointing
Majical Cloudz - Silver Car Crash
Low - What Part Of Me
Robert Sarazin Blake - Our Winter In New York
Beirut - August Holland
Romano - Der Schöne General
Federal Lights - Amelia
Keston Cobblers Club - Wildfire
Nathaniel Rateliff & The Night Sweats - S.O.B.
Mas Ysa - Look Up

....und da es keine Hitparade ohne Ohrenöffner geben sollte, entscheide ich mich dieses Mal hierfür:



und hierfür:





Dienstag, 29. September 2015

Vögel Die Erde Essen



Vögel Die Erde Essen – Besuch Von Innen

Uff!

Hatte ich nicht erst gestern davon gesprochen, dass es in den letzten Monaten auch immer mal wieder Grenzgänger schaffen, sich in den Bänkelsänger-Kanon zu integrieren. Doch bis wohin reicht dieser Kanon überhaupt auf? Ziemlich folkfremd und countryentfernt agieren dieses Mal Vögel DieErde Essen, und wieder einmal ist es Kreismusik, die nach WÆLDER früher im Jahr wieder deutliche Meter zwischen die ursprüngliche Sprechgesangorientierung und diese neueste Veröffentlichung legen.

Musikalisch ist „Besuch Von Innen“ ein Kongglomerat aus Freiheit und Wagemut, aus Konzept und Improvisation, aus Geräusch und Wohlklang. Über neun Songs hinweg machen Moritz Bossmann, Jan Preissler und Oli Friedrich die Musik, die ihnen spürbar aus dem Rückenmark direkt in die Finger und Stimmbänder zu fließen scheint. Das ist Punk, das ist Krautrock, das ist Noise, doch da sind auch hymnisch-hypnotische Popmelodien, die wie in „Froschmann“ skizziert: „alle Humanoiden zum Tanzen zwingen“. Es ist der schmale Grat, den die Vögel die Erde Essen überwinden, weder rudern sie zu stark mit den Armen um einen der neun Songs komplett aus dem Kontext herausstechen zu lassen, noch lassen sie den Lärm und das Geräusch überhand nehmen, um der Grundmusikalität Einhalt zu gebieten.

„Das Lied schläft in der Maschine“ stellten bereits die Einstürzenden Neubauten auf „NNNAAAMMM“ vom Album „Ende Neu“ fest und zuweilen scheinen Vögel die Erde Essen genau dieses Mantra zu beherzigen. Die immerwährende Abwärtsspirale des „Fahrstuhl Nach Unten“ mit den blubbernden Bass- und den mahlenden Gitarrenfiguren wagen sich tief unter die Erde, bis der süßliche Gesang eine beinahe zärtliche Melodie als verbindendes Element auffährt. Doch schon kurze Zeit später entsteigen die drei dem Gefährt und lassen das Klanggewitter von vorne beginnen.

Jeder Song auf „Besuch Von Innen“ wirkt gleichzeitig improvisiert und konzeptioniert. Nicht nur beim langen „Fahrstuhl nach Unten“ wird das deutlich, auch das deutlich zuapackendere „Picknick am Abgrund“, dass einem gleich zu Beginn einen regelrechten Nackenschlag verpasst oder das herrlich betitelte „Gotischer Sakralbau“ verfügen über diese Zwiespältigkeit. Zuweilen verlieren sich die Musiker aber dabei ein wenig zu sehr in ihrer Liebe zum Instrument, was vor allem bei „Zwei Helikopter“ und dessen eher ziellosen Schluss auffällt. Dem wiederum gegenüber steht die Volksliedvertonung (und da haben wird dann doch noch einen finalen Bänkelsängerbezug!) „Lass Rauschen“ aus „Des Knaben Wunderhorn“, der das Kleid aus rhythmischer Gewalt und breiten Instrumentalflächen gut zu Gesicht steht.

Hatte ich zu Beginn Uff! Gesagt? Es scheint fast so, als schlügen nicht nur zwei Herzen in der Brust der Vögel die Erde Essen. Denn schien das kantige Gemisch aus Gegensätzen zunächst nur schwer verdaulich, verbirgt sich unter dem Lärm doch ein beruhigend zugängliches Debütalbum, dass gerade daraus seine Stärke zieht. 




...und ein paar Live-Termine gibt's obendrein:

29.09.2015 - Hamburg - Übel und Gefährlich
30.09.2015 - Kiel - Schaubude
02.10.2015 - Helmbrechts - Betore Festival
18.10.2015 - Berlin - Monarch
19.10.2015 - Bernburg - Hotel Wien
21.10.2015 - Göttingen - tba
20.10.2015 - Dresden - Groovestation
22.10.2015 - Nürnberg - Club Stereo
23.10.2015 - Waidhofen - Ybbs (AT)
24.10.2015 - Schaffhausen - Tap Tab (CH)
26.10.2015 - Zürich - Dynamo (CH)
29.10.2015 - Freiburg - White Rabbit
30.10.2015 - Münster - Gleis 22

Montag, 28. September 2015

My (monthly) Mixtape 2015/9



Dieses Jahr ist echt eine Wundertüte, was den musikalischen Horizont des Bänkelsängers angeht. Sicherlich, auch 2015 überwiegen folkige und countryeske Töne, doch gerade auf den Mixtapes versammeln sich nach wie vor Klangfarben, die entweder an den Randbereichen entlangschleichen oder dem normalerweise vorherrschenden Kosmos diametral gegenüber stehen. So auch die Septemberzusammenstellung, die es gerade noch in der letzten halben Woche zur Kompilation gebracht hat. Zu den einzelnen Interpreten lässt sich dieses Mal nur so viel sagen: Viel bunter geht es nicht, und hätte mir Anfang des Jahres jemand gesagt, ich packe einen goldbezopften Berliner Schlager-Rapper mit Metal im Hinterkopf gemeinsam mit durchkomponierten Erinnerungskunstliedern und bärbeißigem Düsterpostpunk auf nur eine einzige Zusammenstellung, ich hätte ihm wohl einen Vogel gezeigt. Doch nun zu den Delinquenten: 


    01. JP Hoe - Beautifully Crazy   
    02. Joan Shelley - Brighter Than The Blues   
    03. Evening Hymns - Evil Forces   
    04. Fay Wildhagen - Fire on the Mountain   
    05. The School - Love Is Anywhere You Find It   
    06. Stereophonics - C est La Vie   
    07. Blank Realm - River of Longing   
    08. Romano - Köpenick   
    08. The Libertines - Fame and Fortune   
    10. Autobahn - Impressionist   
    11. Frankie & The Heartstrings - Berlin Calls   
    12. The View - House of Queue's   
    13. Youth Lagoon - The Knower   
    14. Low - What Part of Me   
    15. Robert Sarazin Blake - Our Winter in New York   
    16. Beirut - August Holland   
    17. Van Morrison - Moondance   
    18. Isbells - I Don't Need Any Colour   
    19. Julia Holter - Everytime Boots   
    20. Sarah Kirkland Snider - The Speakers   

Und wenn man schon mal von ihm spricht, sollte er auch zu Wort kommen (und ja, dass ist mein Ernst):


Doch alle die ich damit verschrecken könnte, lauschen hier bitte weiter:


Mittwoch, 9. September 2015

Aufgemerkt: Die Goldenen Zitronen - "Fan Without Fan"







Premierenfeier auf dem Bänkelsänger und das mit solch illustrem Gastgeber.


Der heißt nämlich Die Goldenen Zitronen und veröffentlicht  am 18.09.2015 sein Reenactment-Album "Flogging A Dead Frog" via Altin Village & Mine. Die Neubearbeitung einzelner ausgewählter Stücke der letzten drei Alben beeinhaltet neben dem bereits kürzlich veröffentlichten "If I Were A Sneaker", das in seiner anglifizierten Version eine deutlich andere Wirkung erzielt, auch die heute präsentierbare Single "Fan Without Fan", die nahtlos, aber dennoch überraschend direkt an das letzte reguläre Album "Who's Bad" und dessen Abschlußakkord "Wer hier" anschließt. Wer jetzt nach dem bänkelsängerischen Moment fragt, lasse sich erst einmal ein auf die instrumentale Essenz des Stücks ein, dass erst am Schluss sein wahres Gesicht und seine feine Kontextualisierung preis gibt.


Wem das jetzt noch nicht reicht, lausche dem Neo-Evergreen "IF I Were A Sneaker" in seiner neuen, deutlich zwingenderen Form: